Der Alchimist

Auf dem Festland ist Merlin kein Unbekannter und wahrscheinlich mindestens so prominent wie sein Zögling Artus. Laut Karl Christoph Schmieder dürfte Merlin um das Jahr 500 n.u.Z in der Landschaft Südwales gelebt haben und ist im Lande Caer Merdhin in der Stadt Maridunum zur Welt gekommen - als Halbrömer, „denn er hatte eine britannische Mutter und zum Vater einen edlen Römer, den General Aurelius„.
Sein eigentlicher Name, so Schmieder, habe Ambrosius gelautet. Zeitlebens habe er nicht Merlin geheißen, sondern dieser Name sei ihm sehr viel später von seinen Zeitgenossen in Anlehnung an seinen Aufenthaltsort Merdhin gegeben worden: der Eremit von Merdhin - Merdhin Emrys - Myrddin Emrys...

Laut Schmieder lebte Merlin als Erwachsener in dem Waldgebirge bei Maridunum als Einsiedler. Er habe sich dorthin auf der Flucht vor den Angeln und Sachsen begeben, die alle Gebiete auf der Suche nach Römern oder römischstämmischen Einwohnern durchkämmten. Zum Namen sagt Schmieder:„Die alten Chronikenschreiber übersetzten diese Benennung durch Mertinus Sylvester, aus Mertinus mag aber durch Schreibfehler Merlinus entstanden sein„.

Aus seinen Quellen schließt Schmieder, daß Merlin eine gute römische Erziehung genossen habe und von der römischen Kultur geprägt gewesen sei. Sein Wissen , das er aus Büchern und von Instrumenten und deren praktischer Beherrschung habe, sei möglicherweise auch auf ein Studium in Alexandria bei Zosimos und Olypiodoros (beide Alchimisten) zurückzuführen.
Zeitlich gesehen und gemessen an den gesellschaftlichen Privilegien seines Vaters, wäre diese Theorie Schmieders durchaus praktisch möglich gewesen.
Merlins spätere Tätigkeiten als Heiler und Ratgeber hätten ihm beim Volk den Ruf des Zauberers und Magiers eingebracht. „Er durfte nur einen Magnet vorzeigen und einige Arzneien austeilen, so tat Fama das ihrige und übertrieb seine Leistungen bis ins Ungeheure„.
Die Chroniken, so Schmieder, wiesen ihn aber auch als Adepten der Alchimie aus, aus deren Ertrag er „ein behagliches Leben führte„.
Beweise für seine Tätigkeiten als Alchimist seien Fragmente seiner Aufzeichnungen unter dem Titel: "Allegorie von dem Geheimnisse des Steines". Diese Fragmente – so Schmieder - wurden Ziel von zahlreichen Spöttereien und man bezweifelte, daß sie von Merlin selbst seien, viel eher schon von einem französischen Phantasten, da der Name Merlin in Frankreich seinerzeit (Mittelalter) recht häufig gewesen sei, besonders unter den erleuchteten höfischen Romanciers.
Schmieder führt noch andere Schriften an, die möglicherweise aus Merlins Zeit und auch aus seiner Feder stammen sollen: so z.B. eine Weissagung von der Burg des Vortigern Gwrtheyrn und eine Streitschrift gegen die Astrologen des Vortigern.
Schon die Gelehrten des zwölften Jh. hätten diese Schriften als sehr alt eingeschätzt, so daß es lediglich leise Zweifel geben könne und man nichts aus einer Verneinung ihrer Authetizität gewinnen könne.
Schmieder, eigentlich ein gewissenhafter Forscher, wenn auch auf die Geschichte der Alchimie fixiert und nicht unbedingt in Kenntnis der Fülle der britischen und walisischen Mythologie, erwähnt gewöhnlich hinweisende Quellen, kann aber in Bezug auf die Merlinschen Schriften mit solchen nicht dienen.


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